Anfang September 2025

Es hat jetzt schon Tradition: wenn wir alle wanderlustigen Familienmitglieder, in diesem Jahr Moritz, Kathi und ich, terminlich unter einen Hut kriegen, werden ein paar Tage Alpen anvisiert. Grandiose Natur, ein bisschen Abenteuer, und auspowern. Weg vom Schreibtisch, Ruhe, Stille. 
Schon etliche Tage vorher beobachte ich das „Bergwetter“, unsinnig eigentlich, aber man hofft ja einfach nur auf einen Positivtrend. Drei Tage vorher zeichnet sich ab, dass der erste der drei geplanten Bergtage nass und kalt wird, die anderen beiden dafür umso schöner. Nun denn mal los.
In Bludenz finden wir einen kostenlosen Park- und Übernachtungsspot. Sehr fair, finde ich. Nicht selbstverständlich. 
Am nächsten Morgen fahren wir nach Tschagguns und weiter einspurig hoch ins Bergdorf Grabs, stellen unsere Busse ab, packen uns und unsere Rucksäcke möglichst wasserdicht ein. Es wird durchregnen bis 15 Uhr, die Schneegrenze liegt bei 2300 m. Sagt man …

Bei 1800 m, entlang der Tschaggunser Mittagsspitze, wirbeln uns die ersten Flocken um die Ohren, dichte graue Wolken erlauben gerade mal 50 m Sicht. Ich mag die Stimmung sehr. Moritz und Kathi sind voraus, als kleine Figuren im Schneetreiben gerade noch zu erkennen. Ansonsten ist es schneestill, kein Wind, nur das leise Klicken der Flocken auf der Jacke ist zu hören.

Nach 4 Stunden kommt die Tilisuna Hütte ins Blickfeld (ca. 2200 m), wir freuen uns sehr (!) auf etwas Warmes im Bauch. 
Der Eingangsbereich der Hütte ist gestopft mit tropfenden Rucksäcken und Regenjacken, im Trockenraum hängen in dampfender Atmosphäre unzählige nasse Klamotten von der Decke und hinterlassen Pfützen auf dem Boden … den Geruch von nassen Bergschuhen behalte ich euch jetzt mal vor 😉 … DAS ist einfach Berghütte!!
Umgezogen, durchgefroren und mit Schlappen an den Füßen besetzen wir eine Ecke im kuscheligen Gastraum und lassen uns Zeit, uns wieder zu aufzuwärmen. Tee, Kaffee, Mittagessen, Kniffel, und noch eine Süßspeise hinterher … 

Inzwischen hat es draußen aufgemacht, die Sicht wird immer besser, der blaue Himmel bricht durch. Fantastisch! 

Gut gewärmt entscheiden wir uns am Nachmittag dafür, noch weiter zu gehen und uns einen Schlafplatz zu suchen. Meinen gründlichen Recherchen (Karte) zufolge ist verantwortungsvolles biwakieren hier oben geduldet. Abseits von ausgewiesenen Naturschutz- und Ruhezonen natürlich. 
Am Tilisuna Fürkele steigen wir rüber in die Schweiz, ein tolles Panorama öffnet sich, Wolkenfetzen schlingen sich um die Sulzfluh und Schijenfluh. Der Himmel wird immer besser, während wir auf einem kleinen Plateau unsere Zelte aufschlagen. Zum biwakieren ist es leider zu kalt. In der Ferne modelliert das goldene Sonnenlicht die Hänge. Der Schnee wird blau, die Felsen rosa. Fast schon unwirklich, so schön!! Für solche Momente machen wir solche Touren (und deswegen tragen wir unsere 8-13 Kilo auf dem Rücken 😀 ). 
Nach einem letzten Snack treibt uns die Kälte schnell ins Zelt, wir mummeln uns ein, so gut es geht. 5 Grad minus?

Boah, die Nacht war echt kalt! Die Zelte sind angefroren. Nach einem schnellen Kaffee brechen wir unser Camp ab und marschieren in die wärmende Morgensonne. Sie hat Kraft, und in der nächsten Minute ziehen wir Merinoschicht um Merinoschicht aus, und laufen auf dem „Prättigauer Höhenweg“ bis zur Carschinahütte, in einen strahlenden, sommerlichen Bergtag.
Die Bergwiesen an der Südflanke unterhalb der Sulzfluh sind perfekt für ein langes Frühstück und zum trocknen all unserer nassen Sachen, vor uns ausgebreitet die Schweizer Berglandschaft …

Wie äußerst angenehm, nun nicht mehr mit nassen Socken in nasse Schuhe schlüpfen zu müssen! Es geht weiter auf dem Höhenweg. Er würde nun in etwa auf einer Ebene weiter führen Richtung Schesaplana Hütte, doch das ist für dieses Mal keine Option.
Zwischen Sulzfluh und den Drei Türmen überqueren wir über das Drusator (2314 m) wieder die Grenze nach Austria. Es ist kurz nach Mittag. Wir sind nun schon weiter gegangen als ursprünglich gedacht und könnten unsere Tour noch ausweiten. Einen Gipfel? Linker Hand stehen imposant der Kleine und Große Turm sowie der Sporaturm. Etwas weiter gäbe es noch die Drusenfluh, aber dieser hohe Gipfel ist dann doch auch heute zeitlich nicht mehr machbar.

Vom Drusator steigen wir ein Stück ab und wieder hoch zum Sporaturm, der zackig in den Himmel ragt. Von unten sieht es aus, als wäre davor eine große Spalte zu überwinden (für einen richtigen Klettersteig sind wir nicht gerüstet). Wir lassen uns von entgegenkommenden Bergsteigern versichern, dass das alles machbar ist. Oben werden wir uns Orientierung verschaffen und schauen, welche weiteren Wege wir nehmen können. Und … ob wir vielleicht auch einen Übernachtungsspot erspähen.

Oben zwischen all den Steintürmen zu stehen ist schon beeindruckend. Und kalt. Wir steigen über den steilen, gerölligen Gemstobel fast umgehend wieder ab. Der schattige Hang ist leicht verschneit, der Weg nur sporadisch markiert, aber wir sind ja zu dritt und finden uns zurecht … und ich sogar ein paar vergessene Wanderstöcke, die wohl irgend jemand nicht mehr holen wollte.
Auf halber Strecke entscheiden wir uns für einen weiteren Umweg: Auf der gegenüber liegenden Seite (zwischen uns das Gauertal) wellen sich reine Wiesenhänge, ein Grasplateau ist zu erkennen. 

Auch wenn mir die Höhenmeter mittlerweile ein bisschen in den Knochen stecken … das Wiesenplateau sieht viel versprechend aus. Also nochmal gut 200 m hoch. Eine gute Wahl, die Zelte stünden einigermaßen gerade und sehr weich. Wir sehen außerdem von hier aus in den Osten, also scheint am nächsten Tag auch die wärmende Morgensonne auf uns.

Geschafft. Wir bauen auf, sitzen im Gras, kochen was Warmes und genießen. Rechts flankiert uns das Massiv der Türme, unsere Abstiegsroute durch den Gemstobel wirkt von hier fast unbezwingbar steil. Vor uns feinstes Alpenglühen, später überrascht uns der große Fast-Vollmond, als er sich über den Felsen schiebt.

Wir schlafen gut!

Nachts ist es deutlich wärmer und eine leichte Brise trocknet unsere Zelte.
Wir verfrühstücken in der Sonne unsere Proviantreste, überlegen unsere weitere Abstiegsroute. Knapp oberhalb unseres Camps könnten wir am Grat entlang Richtung Geißspitze gehen. Wenn es denn einen Weg gibt.

Moritz checkt die Lage und läuft ein paar Meter vor. Erstmal machbar. Aber es ist definitiv kein menschlicher Pfad, sondern hier sind eher Gemsen unterwegs. 
Es ist ein schwieriges Vorankommen, so dass wir nach halber Strecke nach unten über die Hänge Richtung Lindauer Hütte abbiegen. Ein Murmeltier flitzt davon, Davon gibt es hier viele …

Angekommen. Wir gönnen uns einen Snack und eine Runde Kniffel, bevor wir die restliche Strecke durchs Gauertal nach Grabs in Angriff nehmen.

Die Zivilisation hat uns wieder. Eine Bullimatratze, eine Schlucht mit klarem, kaltem Wasser und ein leckeres Abendessen warten auf uns. Schon auch schön …

Eine superschöne, gemeinsame Familien-Tour und Auszeit, mit Riesen-Dank an Kathi und Moritz, die alles (mit mir und ich mit ihnen) mitmachen –  xxx

Und danke an euch für euer Interesse 🙂

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