1/ Lake Becking

10/ JULI: Der vertraute Beginn einer Reise. Das Auto voll bepackt, alles hat seinen Platz, alles ist dabei. Ein schönes Gefühl: Wie auch immer der Trip verläuft, es wird gut sein. Noch schnell zum Lieblingsbäcker, um Brot und Croissants zu besorgen. Musik läuft, es geht los.

Die Strecke führt westlich vorbei an den Grampians, die sich in einiger Entfernung aus der Ebene heben. Entlang der unendlichen Getreidefelder und riesigen Silos des nördlichen Victoria, durch kleine, schweigsame Ansiedlungen mit allerlei Kuriositäten, fantasievollen Letter Boxes und rostigen Autos in den Einfahrten und Front Yards. Ab und zu wird es hügelig, steinig. Große Felsplatten zeigen sich in den Lücken der dünnen Grasschicht. Massive, uralte Bäume stehen dort, wo ein Pflug nichts ausrichten kann. Hin und wieder größere Dörfer. Dort trifft man sich im und vorm Café, ländlicher Charme und „Best Pies and Coffee in Town“. Wir treffen uns auch, lassen uns die Keep Cups für die Weiterfahrt mit dem üblichen „Long Black“ und „Cappuchino“ füllen.
Nach ein paar gemütlichen Fahrstunden, unterbrochen von einem Lunch-Picknick am Lake Tyrrell biegen wir vom Süden her in den Murray Sunset National Park.

Zwei freie Campgrounds liegen an den Salzseen Lake Crosby und Lake Becking. Wir sind guter Dinge, irgendwo einen Platz zu finden. Es sind zwar Winterferien, aber sicher ist es den Leuten nachts zu kalt? Tatsächlich sind die paar Buchten um den Lake Crosby belegt. Gemütlich steigt der Rauch auf von den Feuerplätzen der Camper. Die Campsite am Lake Becking gleicht eher einer kleinen Day Parking Area. Zwei Autos sind da, aber sie bleiben nicht. Nur wir.

Was für ein Reiseauftakt! Die Abend- und Morgenstimmung sind ein wahres Farbenspektakel und auf dem Wasser regt sich kein Lüftchen. Nur trippelnde kleine Vögel bewegen die flache Oberfläche. Der salzkristalline Untergrund sieht aus wie polierter pinker Marmor.

11/ JULI: Die Grenze zu SA ist nicht weit. Maske bereit, QR-Code bereit. Wir überqueren den Covid Checkpoint hinter Loxton ohne Probleme. Unser restliches Obst haben wir vorher verzehrt, damit wir keine Fruchtfliegen importieren, und unser Border Permit ist lückenlos und plausibel. Wir grinsen uns an, die erste Hürde ist überwunden. Ich stelle mir vor, wie selbstverständlich es vor zwei Jahren noch war, grenzenlos den Kontinent erkunden zu können.
Die Strecke führt uns ein langes Stück am Murray River und an Obstplantagen (hauptsächlich Orangen, Mandarinen, Zitronen) entlang.
Etappenziel des Tages ist der willkürlich ausgesuchte, kostenlose Caroona Creek Campground, in einem hügeligen Conservation Park auf der Höhe von Port Augusta. Der Tag neigt sich, als wir fern der Hauptstraßen vor dem ersten Gatter stehen und uns fragen, ob wir noch richtig sind oder ob wir gleich durch Privatbesitz fahren.
(Google Satellite zeigt zuverlässig ALLE Wege an oder gar nichts). Egal, die Richtung zur Campsite stimmt. Es ist nichts offiziell verboten und wunderschön, auf dem schmalen, sandigen Weg durch die orange Dämmerung und ein mit Gras bewachsenes, endlos weites Tal zu fahren. Das nächste Gatter erscheint, wir sind in Übung, uns hält nichts mehr auf. In kompletter Dunkelheit treffen wir dann tatsächlich auf ein Schild, das uns den restlichen, recht anspruchsvollen Weg in die Hügel und zum Campground weist. Wir schließen daraus: jeder normale Camper kommt aus anderer Richtung hier an. Wie auch immer, wir sind hier. Und auch nur wir, die Stille, Bäume und ein Shelter. 

12/ JULI: Zeitig wach erleben wir das erste Sonnenlicht. Ich streife kurz durch den Campground, die Baumspitzen sind in warmes Gelb getaucht. Wir haben heute viel vor und fahren ohne Frühstück los von dieser schönen kleinen Campsite (die übrigens auf einem Fernwanderweg liegt, dem „Heysen Trail“). Der holprige Track durch die Hügel des Conservation Parks fordert teilweise echte Konzentration, aber uns macht das Spaß und wir genießen den Wegverlauf und die tollen Blicke in die morgendliche Landschaft. Verwilderte Pferde (Brumbies), ein Wallaby, Kängurus verweilen neben und auf unserem Track oder hüpfen davon, eine Schafherde flüchtet vor unserem Auto. Einem Lamm misslingt der Sprung über einen Zaun, und es verklemmt sich mit den Vorderbeinen übel und sicher sehr schmerzhaft im dicken Draht. Wir sind heilfroh, dass wir es selbst wieder befreien können. 

Etappen

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