Eine weitere Etappe auf dem Stuart Highway, durch weite flache Ebenen, durchzogen von trockenen Salzseen. Wir fahren durch bis zum Lake Hart, einem alten Bekannten. Die Rest Area ist ein guter Platz für eine Pause. Die weite weiße Ebene strahlt, mehrere alte Bohlenwege und Pfosten aus einer Salzabbau-Phase sind noch zu sehen. Am Ufer liegen Salzhalden, die ihr eigenes, interessantes, kristallines Muster gebildet haben. Wir vertreten uns die Beine auf dem See, fotografieren ein bisschen, eingepackt in Mütze und Jacke. Es weht ein frischer Wind. Ich erinnere mich an unseren ersten Besuch um die Jahreswende 2019: Sommerliche 42 Grad hatte es. Wir waren damals nach ein paar tapferen Minuten wieder im Auto.
Seit 1970 fährt die „Indian Pacific“ ihre Passagiere wöchentlich in ca. 70 Stunden 4.350 Kilometer auf Schienen quer durch den Kontinent. Sie pendelt zwischen Sydney und Perth und fährt direkt hier am Ufer des Lake Hart entlang, wenn auch wahrscheinlich nicht in der Pandemie. Wir queren die Gleise auf dem Rückweg zum Auto und reden noch darüber, da nimmt ein eindrucksvoll langer Zug die ausladende Kurve um den See. Es ist leider NICHT die Indian Pacific, sondern ein Güter-Transport. Es dauert über zweieinhalb Minuten, bis der letzte Wagon an uns vorbeirattert (wir haben gestoppt).
Wir machen uns den Spaß, den Zug auf der verbleibenden Strecke bis Port Augusta einholen zu wollen. Es dauert, bis die „kleine bunte Raupe“ wieder zu sehen ist. Von da an ist es ein Versteckspiel, weil die Bahnlinie sich immer mal wieder entfernt oder in Senken verschwindet. Wir überholen, wir halten, der Zug quert den Highway, rauscht wieder an uns vorbei, ward nie wieder gesehen. Einigen wir uns auf „unentschieden“.
Der „Spear Creek Campground“ liegt am Rand der unteren Ausläufern der Flinders Ranges, von Port Augusta nur noch ein Katzensprung. Hier, an der Südwest-Flanke der Hügel scheinen oft Regenwolken festzuhängen, denn die Umgebung ist saftig grün. Unsere Augen müssen sich erst wieder an diese Farbe gewöhnen.
Ein schöner Platz! Unter alten Bäumen verteilen sich die Camper, Pferde grasen im Abendlicht auf den benachbarten Weiden.
Trotz der Idylle müssen wir vorerst noch ein kleines, nicht unerhebliches Problem lösen: der Reißverschluss unseres Dachzelts hat sich verklemmt. Auf geht immer, aber geht er dann auch wieder zu? Mit Geduld, Nachbars Werkzeug und Olivenöl aus der Spraydose (wieder was gelernt) werkelt Uli (erfolgreich) daran, ich gönne mir während dessen den Sonnenuntergang über der Ebene und den Ausläufern des „Spencer Gulf“.
Der Abend beginnt mit einem sehr kurzen Spaziergang und endet mit einem langen, lustigen Dinner am Lagerfeuer mit Marcus und Pauline aus Victoria, Deb und Brucie aus Queensland. Wieder so eine erinnerungswürdige Begegnung, die ich hier einfach festhalten muss.
Auf unserem Gang in die Dämmerung kommen wir an den Vieren (ebenfalls Camper) vorbei, die sich lauthals lustig machen über uns: „Warum geht ihr jetzt noch spazieren? Ihr kommt nicht weit und passt auf die „Drop Bears“ und „King Browns“ auf!“ Und wollt ihr nicht lieber zu uns kommen?“
Wir grinsen, setzen unseren Weg aber noch hundert Meter fort, bis es uns wirklich zu dunkel wird. Natürlich gehen wir nach wenigen Minuten wieder dort vorbei. Wir alle lachen, und ehe wir uns versehen haben wir eine erste Flasche Bier in der Hand, stehen mit am Feuer. Der frische, über dem Feuer gebratene Whiting (Fisch) für vier wird auf sechs Leute aufgeteilt. Wir haben sehr viel Spaß mit diesen lieben, interessierten und interessanten Leuten, die sich auch irgendwann mal beim Campen kennengelernt haben! Australische Gastfreundschaft vom feinsten.
(„Drop Bears“ sind furchterregende grau-flauschige Tiere – Marcus zeigt später auf seinem Handy einen Koala mit spitzen Zähnen, „King Browns“ klingt nach Schlange, gibt es aber nicht)