5/ AUGUST: Nun hat uns also die Zivilisation wieder. Als Variation zur Hinfahrt (an den Flinders Ranges entlang) zielen wir geradewegs nach Süden, durch Adelaide und die Hügel des McLaren Vale, voller Rebstöcke im Winterschlaf. Kurve an Kurve, Alleen mit uralten Bäumen, grüne Wiesen.
Und wieder der Kontrast: es war GESTERN, als wir noch durch rot-braune karge Ebenen gefahren sind.
Kulinarisch ist hier im Weingebiet einiges geboten, daher verbringen wir die Mittagszeit zusammen mit einem italienischen Essen und einem Glas lokalem Wein.
Uns interessiert die Küste knapp unterhalb Adelaides, wir möchten den Abend am Wasser verbringen.
Aldinga Beach. Nahe dem Strand liegt unsere Unterkunft. Ich würde sie eins zu eins übernehmen. Ein Raum, modern, luftig, minimalistisch, nur das nötigste.
Der abendliche Strandspaziergang tut gut, die Luft ist kühl, Regenwolken ziehen gerade übers Wasser davon, die Sonne sinkt. Bunte Kiesel liegen zu unseren Füßen, ich könnte eine gute Weile hier verbringen, mir die schönsten raussuchen und dann wieder freilassen. Aber es wird dunkel.
6/ AUGUST: Die Wolken haben sich über Nacht fast komplett verzogen. Bis Mittag wandeln wir bei Ebbe am Strand von Aldinga entlang. Das Flachwasser spiegelt Vögel, die Sonne, den strahlend blauen Himmel. Die Küstenstrasse schlängelt sich entlang der Böschung, Häuser mit traumhaftem Meerblick. Ein schönes Fleck Erde.
Bordertown, ein gutes Stück östlich, liegt direkt an der Grenze zu Victoria und strategisch günstig für den Start der letzten Etappe nach Melbourne.
Wir sind gespannt. Das „Safe Heaven Wildlife Sanctuary“ beherbergt grundsätzlich erst einmal unseren Schlafplatz in Form eines Wohnwagens. Wir hätten hier auf dem Grundstück wohl auch campen können, aber eine Nacht im Caravan klingt gut. Eine Premiere.
Trina kommt uns entgegen, begrüßt uns auf nette und witzige Art, weist uns ein. Der Wohnwagen ist von Tiergehegen umgeben und so herrlich kunterbunt eingerichtet, dass wir diese Erfahrung nicht missen wollen.
Die Vorstellungsrunde geht anschließend weiter: Wir begrüßen 3-5 wuselige Dackel und zwei menschliche Volontäre aus Frankreich, gleich danach werden uns Franklin und Mr. Bo Jangles in den Arm gedrückt, zwei Baby Wombats. Es ist um uns geschehen – sofort.
Wie viel Arbeit muss das sein! Wir bekommen eine vage Vorstellung davon. Alle Tiere sind auf Grund einer Tragödie hier. Es sind Waisen, gefunden, gebracht, gesammelt aus den Beuteln überfahrener Elterntiere, manchmal selbst verletzt oder traumatisiert. Die meisten können oder dürfen nicht mehr in die Wildnis entlassen werden. Seit 15 Jahren gibt es das Sanctuary schon. Die jüngsten Tiere wohnen aus praktischen Gründen mit im Haus. In einem riesengroßen „Wohnzimmer“ stehen Sofas zum bequemen Füttern, Wäscheständer voller gewaschener Decken und Beutel. Hier können sich die Tierbabys unter Aufsicht tummeln, spielen, schlafen. Eine Küche ist integriert, ausgestattet mit Kühlschränken und einer großen Theke für die Futtervorbereitung.
Mit dem jungen Franzosenpaar machen wir die große Abend-Fütterungsrunde durch die Außengehege, sie erzählen ein bisschen. Aus einem Tag sind vier Wochen geworden, die sie nun hier sind. Es ist sehr viel zu tun und sehr anstrengend, aber sie machen es gern, und Trina und ihr Partner sind froh über ihre Unterstützung. Bettongs, Wombats, alle möglichen Spezies von Kängurus und Wallabies, zwei Tawny Frogmouth (Kauz ähnlich), ein Koala, Kakadus, Loris … ich glaube, einige Bewohner haben wir auch gar nicht wahrgenommen.
Wir verabreden uns wieder für den frühen Morgen.
7/ AUGUST: Flaschenfütterung. Uli bekommt einen Beutel mit einem kleinen, dunklen Swamp Wallaby, ich das Hairy Nose Wombat Franklin und los geht es. Quirliges, kleines Ding …
Mit weiteren Flaschen geht es nach draußen zu den etwas älteren Tieren, die ganz Großen kriegen auch noch ein paar Tropfen ab. Manche sind sehr zutraulich, wir fühlen uns außerordentlich akzeptiert.
Für die Menschen hier beginnt jetzt ein intensiver Arbeitstag, meine tiefste Bewunderung für sie und ihr Engagement. Und für uns geht eine beeindruckende Erfahrung zu Ende, wir packen unsere sieben Sachen.
Die Grenze. Wir fahren offenen Auges in den 6. Lockdown in Victoria. Ein ziemlich „weirdes“, verrücktes Gefühl. Nach vier Wochen Freiheit und Abenteuer legen wir die letzten 400 km unseres Road Trips auf ziemlich verlassenen Straßen zurück, überlegen, ob wir wohl angehalten, gefragt werden, warum wir unterwegs sind. Ein unschönes Ende?
Die Wahrheit ist, dass wir dankbar und so voller Eindrücke sind, die erst einmal verdaut werden wollen. Wir hatten unverschämtes Glück mit unserem Timing, und es hätte nicht besser laufen können.
Es war thematisch, landschaftlich, klimatisch so abwechslungsreich, wie es nur geht. Für uns einfach nur fantastisch.
Danke, dass ihr dabei wart .x